
Universität Bremen/Matej Meza. Hintergrund mit KI (Photoshop) nach links erweitert
Die Meereswissenschaftlerin Dr. Christina Roggatz von der Universität Bremen führt erstmals ihr eigenes Team – und will mit ihrer Arbeit den Klimawandel besser verstehen. Hier gibt sie einen Einblick in ihren Alltag als Juniorgruppenleiterin.
"Der größte Unterschied zu früher? Ich forsche nicht mehr nur mit, sondern leite heute ein eigenes Team", sagt Dr. Christina Roggatz. Nachdem sie promoviert und als Postdoc gearbeitet hat, leitet sie nun erstmals eine eigene Forschungsgruppe. Ein Freigeist-Stipendium der VolkswagenStiftung ermöglicht ihr und vielen anderen jungen Forschenden, schon früh in ihrer Laufbahn eigene Teams aufzubauen und eine unabhängige Forschungsagenda zu verfolgen.
"Mein interdisziplinäres Team besteht aus Promovierenden, technischen Assistent:innen und Studierenden aus Biologie und Chemie. Damit trage ich jetzt nicht nur wissenschaftliche, sondern auch personelle und organisatorische Verantwortung", sagt Roggatz.
Kleine Ökosysteme, große Auswirkungen
Trotz Managementaufgaben bleibt die Forschung das Herzstück ihrer Arbeit – und zeigt, wie sehr kleine Prozesse im Meer globale Bedeutung haben. Inhaltlich forscht Roggatz an grundlegenden Fragen der Meeresbiologie und -chemie: Sie untersucht, wie Meeresorganismen, etwa Algen und Bakterien in Biofilmen, miteinander über Signalstoffe kommunizieren.
Viele sind erstaunt, dass Bakterien im Meer eine so wichtige Rolle für unseren Planeten Erde spielen.
Im Laufe der Jahrhunderte, aber auch ganz akut im täglichen Miteinander müssen diese Biofilm-Gemeinschaften mit ganz unterschiedlichen Umweltbedingungen wie schwankenden Meerestemperaturen und pH-Werten umgehen. Doch bedeutet das, dass die Kommunikation innerhalb der Gemeinschaft aus Mikroalgen und Bakterien auch gegenüber dem Klimawandel widerstandsfähig sein wird? Unter anderem diese Frage möchte Roggatz genauer erforschen.
Zwischen Labor und Schreibtisch
Bei ihrer Arbeit schätzt die Wissenschaftlerin die exzellente Forschungsumgebung sowie das besondere Miteinander an der Universität Bremen. "Ich profitiere sehr vom Austausch und den Kooperationen innerhalb der Uni, aber auch darüber hinaus – denn Bremen ist mit Institutionen wie dem MARUM, dem Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie, dem Leibniz Zentrum für Marine Tropenforschung und dem Alfred-Wegener-Institut in Bremerhaven einer der bedeutendsten Standorte für Meeresforschung in Deutschland", sagt Roggatz. "Dabei zeichnet sich Bremen vor allem durch den interdisziplinäre Spirit aus, der hier gelebt wird." So ist die Wissenschaftlerin etwa am neuen Sonderforschungsbereich CONCENTRATE der Universitäten Greifswald und Bremen beteiligt und fungiert als stellvertretende Sprecherin des UFT – Zentrum für Umweltforschung und nachhaltige Technologien.

Christina Roggatz untersucht in ihrer Forschung unter anderem, ob die Gemeinschaft aus Mikroalgen und Bakterien im Meer gegenüber dem Klimawandel widerstandsfähig sein wird.
"Nicht nur die wissenschaftliche Kooperation hilft uns sehr, auch von der Verwaltung werden wir hervorragend unterstützt", hebt Roggatz hervor. "Egal ob im Einkauf, im Personaldezernat oder in anderen Bereichen der Verwaltung – überall stoßen wir mit unseren Anliegen auf offene Ohren. 'Keine Lust' oder 'keine Zeit' gibt es hier nicht."
Ein kooperatives Miteinander, das Roggatz auch in ihrer Arbeitsgruppe leben möchte, insbesondere in der Unterstützung von Studierenden und Promovierenden. "Es ist toll zu sehen, wie die Studierenden mit und an ihren Aufgaben wachsen", sagt Roggatz. "Wenn sie zum Beispiel erst einmal unsicher sind, ob unser disziplinübergreifendes Thema wirklich zu ihnen passt, dann aber auf den Geschmack kommen und begeistert ihre eigenen Projekte planen."
Im Feedback zu ihren Lehrveranstaltungen erlebt Roggatz immer wieder, dass die Zusammenarbeit mit Forscherinnen für Studentinnen einen Unterschied macht. Sie erinnert sich, dass es in ihrer eigenen Laufbahn nur wenige weibliche Vorbilder in wissenschaftlichen Führungspositionen gab. "Umso schöner ist es, wenn wir heute selbst den Studentinnen zeigen können, dass es auch forschende Meereswissenschaftlerinnen gibt, vor allem in Chemie, und sie dadurch zu einer Laufbahn in der Wissenschaft motivieren können", sagt Roggatz.
Hoffnung in Zeiten des Klimawandels
Neben anderen Forschenden, Studierenden und Promovierenden möchte die Wissenschaftlerin auch Personen außerhalb der Universität erreichen. Zum Beispiel mit deutschlandweiten öffentlichen Vorträgen und einem eigenen Modul bei der Bremer Kinder-Uni, bei dem die Kinder Algen und Bakterien im Mikroskop betrachten konnten. "Viele verbinden mit Bakterien erst einmal etwas Negatives wie Krankheiten und sind dann erstaunt, dass Bakterien im Meer eine so wichtige Rolle für unseren Planeten Erde spielen", erklärt Roggatz.
Gleichzeitig möchte die Forscherin den Kindern und damit auch ihren Eltern eine neue Perspektive auf den Klimawandel eröffnen. Sie erlebt oft, dass Erwachsene dem Thema mit Ermüdung oder Resignation begegnen: Die Überzeugung, ohnehin nichts bewirken zu können, ist weit verbreitet. Mit ihrer Forschung will Roggatz nicht nur Kinder begeistern und erreichen, sondern über sie auch mit spannenden Fakten über unsere Ozeane deren Eltern und andere Erwachsene neu motivieren – und zeigen, dass Wissenschaft sehr wohl konkrete Beiträge zur Bewältigung des Klimawandels leisten kann.

Bei der Bremer Kinder-Uni können Kinder Algen und Bakterien unter dem Mikroskop betrachten.
Eigene Forschung betreiben, andere anleiten und mit der eigenen Arbeit Strategien zum Umgang mit dem Klimawandel entwickeln – all dies möchte Christina Roggatz auch in Zukunft fortführen und strebt deshalb eine Professur an. "Natürlich können wir alleine den Klimawandel nicht stoppen", sagt sie. "Aber wir können unseren Teil zu dessen Verständnis und Bewältigung beitragen – durch unsere Forschung, oder auch, indem wir andere ermutigen und befähigen, ihren eigenen Beitrag zu leisten."
Dieser Artikel ist in längerer, leicht geänderter Fassung erschienen im Online-Magazin up2date der Universität Bremen.