Heikles Verhältnis: Neue Projekte richten Fokus auf Wissenschaft und Politik
In der Initiative "Forschung über Wissenschaft" wurden für fünf Kooperationsprojekte rund 4,9 Mio. Euro bewilligt, die u. a. in Berlin und Kaiserslautern angesiedelt sind.
Wie beeinflussen politische Erwartungen die Ziele und Arbeitsweise von Wissenschaft? Welche Auswirkungen hat die globale Vernetzung auf den Austausch und die Entwicklung von Wissen? Und was bedeutet wissenschaftliche Zuverlässigkeit in einer zunehmend digitalen Welt? Diesen und ähnlichen Fragen widmen sich fünf neue Kooperationsprojekte, die die VolkswagenStiftung im Rahmen der Förderinitiative "Forschung über Wissenschaft: Kooperationsprojekte" jetzt bewilligt hat. Die interdisziplinär zusammengesetzten Teams aus der Wissenschaftsforschung, aber auch angrenzenden Fachgebieten, untersuchen in den kommenden vier Jahren mit unterschiedlichen Methoden zentrale Fragen zum Selbstverständnis und zur Funktion von Wissenschaft.
"Mit der Initiative möchten wir dazu beitragen, dass besser nachvollziehbar wird, wie Wissenschaft funktioniert, sich verändert – und was das für unsere Gesellschaft bedeutet", sagt Dr. Johanna Brumberg von der VolkswagenStiftung. "Wir integrieren dabei auch die Erkenntnisse von Forschenden, die nicht aus der Wissenschaftsforschung kommen, aber sich mit wissenschaftlichen Arbeitsweisen beschäftigen. Der Austausch mit der Öffentlichkeit und offene Formen der Zusammenarbeit sind uns zudem sehr wichtig."
Drei neu geförderte Vorhaben im Detail:
Science under Pressure: Engaging with Science and Democracy in Hybrid Sites (SCIPRESS) (Dr. Cornelia Schendzielorz, Humboldt-Universität zu Berlin; Dr. Justo Serrano-Zamora, University of Barcelona, Spanien; Dr. Staffan Edling, Lund University, Schweden; rd. 1,1 Mio. Euro)
Das Projekt untersucht, wie Wissenschaft und Politik immer enger zusammenarbeiten. Zum einen steigen die Erwartungen der Politik an die Wissenschaft, zum anderen entstehen neue Einrichtungen, die sich an der Schnittstelle zwischen beiden Bereichen befinden. Den Forscher:innen geht es darum, wie politische Anforderungen die wissenschaftliche Arbeit beeinflussen. Das Team untersucht, wie Wissenschaftler:innen mit in der Politik tätigen Personen zusammenarbeiten und welche Herausforderungen dabei auftreten. Dafür betrachtet es Denkfabriken, Forschungsinstitute und NGOs genauer. Ziel ist es, zu verstehen, wie politische Einflüsse auf die Arbeit der Forschenden wirken und wie demokratische und wissenschaftliche Ansätze in diesen Organisationen zusammenpassen.
China's Science Silk Road and the New Geopolitics of Knowledge Production (Prof. Dr. Anna Lisa Ahlers, Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte, Berlin; Prof. Dr. Han Cheng, National University of Singapore; Prof. Dr. Hang Zhou, Université Laval, Kanada; rd. 1 Mio. Euro)
Das Projekt erforscht, wie China durch Investitionen in Wissenschaft und Technologie entlang ihrer Belt and Road Initiative globale Forschungspraktiken durch das Programm "Science Silk Road" beeinflusst. Die Forscher:innen analysieren, wie das "Science Silk Road"-Programm Wissenschaftssysteme in beteiligten Ländern und etablierten Wissenschaftsmächten verändert. Indem die Forscher:innen Dokumente und Daten auswerten, Interviews führen und Feldforschung betreiben, tragen sie dazu bei, die geopolitische Rolle der Wissenschaft im 21. Jahrhundert besser zu verstehen.
Reproducibility Has Politics (PD Dr. Johannes Lenhard, Rheinland-Pfälzische Technische Universität Kaiserslautern-Landau; Prof. Alexandre Hocquet, Université de Lorraine, Frankreich; rd. 500.000 Euro)
Forscher:innen in rechnergestützten Disziplinen haben nicht selten Schwierigkeiten damit, ihre Ergebnisse zuverlässig zu wiederholen: Obwohl man erwartet, dass Computer gleiche Resultate liefern, ist das oft nicht der Fall. Das Projekt untersucht, welche Regeln nötig sind, um verlässliche Ergebnisse sicherzustellen. Es fragt, ob Ergebnisse auch bei unterschiedlichen technischen Bedingungen stabil sind und wer die Verantwortung für diese Regeln trägt. Mit Gesprächen und Untersuchungen beleuchtet es die Diskussion in der computerbasierten Chemie und Thermodynamik und nutzt Ideen aus der Philosophie und Geschichte, um zu verstehen, wie sich diese Standards auf die politische Praxis und Erwartungen der Gesellschaft auswirken.
Weitere geförderte Vorhaben:
Reforming Science: Investigating the Reflexivity & Reflectivity of (Non)Academic Actors Advocating for Science Reforms (Dr. Sheena F. Bartscherer, Humboldt-Universität zu Berlin; Prof. Dr. Jesper Schneider, University of Aarhus, Dänemark; 1,1 Mio. Euro)
Looking Across Worlds for Environmental Justice: Interrogating Scientific Practices of Relating to Indigenous Knowledge (Dr. Annette Mehlhorn, Dr. Fausto César Quizhpe Gualán, Humboldt-Universität zu Berlin; Dr. Angus McNelly, King's College London, England; rd. 1,1 Mio. Euro)