Fresko "Trionfo della Morte", Copyright: Martin Bauch
Vulkanausbrüche lösten Pest im Mittelalter aus: Neue Studie zeigt, wie der Schwarze Tod nach Europa kam
Wie gelangte die Pest im 14. Jahrhundert nach Europa? Eine Studie von Freigeist-Fellow Martin Bauch und Ulf Büntge verbindet Erkenntnisse aus Klimaforschung, Wirtschafts- und Medizingeschichte. Und legt nah: Vulkanausbrüche lösten eine Kettenreaktion aus, die wohl den Weg für die Pest nach Europa ebnete.
Vulkanausbrüche, Klima und Pest
Eine neue interdisziplinäre Studie von Freigeist-Fellow Dr. Martin Bauch, Historiker und Umweltforscher am Leibniz-Institut für Geschichte und Kultur des östlichen Europa (GWZO) und Prof. Dr. Ulf Büntgen, Klimaforscher an der University of Cambridge, zeigt, dass ein oder mehrere Vulkanausbrüche Mitte des 14. Jahrhunderts eine Kettenreaktion aus Klimakälte, Missernten und intensiviertem Getreidehandel auslösten, die den "Schwarzen Tod" nach Europa brachte.
Auf der Basis von Baumring- und Eiskernanalysen sowie anhand zeitgenössischer Schriftquellen rekonstruieren die Forschenden eine vulkanisch getriebene Abkühlung in den Jahren 1345 bis 1347. Zeitgenössische Berichte über ungewöhnliche Bewölkung, verdunkelte Mondfinsternisse und extreme Witterung stützen das Bild eines markanten Klimaeinbruchs, der insbesondere im Mittelmeerraum zu erheblichen Ernteausfällen führte. Daraus entwickelte sich eine überregionale Hungerkrise, die Getreidepreise in Italien, Spanien, Ägypten und der Levante in die Höhe trieb.
Getreidehandel - Lebensretter und Risiko
Die klimabedingten Missernten zwangen insbesondere italienische Stadtstaaten wie Venedig, Genua und Pisa dazu, ihre Handelsnetze zu aktivieren. Weil die traditionellen Lieferregionen in Süditalien nicht genug erbrachten, verlagerten sie ihren Getreidebezug 1347 verstärkt in den Schwarzmeerraum.
Dr. Martin Bauch wird im Rahmen der (inzwischen beendeten) Förderinitiative Freigeist-Fellowships von der VolkswagenStiftung gefördert.
Dieser "Notfallhandel" stabilisierte zwar die Versorgung in vielen Städten, öffnete aber zugleich einen Eintragspfad für pestinfizierte Flöhe, mit denen das Pestbakterium Yersinia pestis über Schiffe, Lagerorte und Begleittiere in die Hafenstädte des Mittelmeerraums gelangten.
Wie der Schwarze Tod Europa erreichte
Die Studie rekonstruiert, dass die ersten großen Pestausbrüche 1347 in Seehäfen wie Venedig und anderen mediterranen Städten auftraten, kurz nachdem Getreideschiffe aus dem Schwarzmeerraum eingetroffen waren. Von dort aus breitete sich die Krankheit 1348 über Italien, den westlichen Mittelmeerraum und weiter nach Norden aus und verursachte in Teilen Europas Sterblichkeitsraten von bis zu 60 Prozent. Auffällig ist, dass mehrere italienische Städte, die nach 1345 kein Getreide importieren mussten – darunter Mailand und Rom – von der ersten Krankheitswelle weitgehend verschont blieben.
Historische Klimageschichte als Warnsignal
Die im-Open-Access-Journal Communications Earth & Environment veröffentlichte Studie "Climate-driven changes in Mediterranean grain trade mitigated famine but introduced the Black Death to medieval Europe" zeigt, wie eng Klimaschwankungen, Versorgungssicherheit und globale Gesundheitsrisiken historisch verknüpft waren – und liefert wichtige Anknüpfungspunkte für das Verständnis künftiger Pandemiegefahren in einer sich wandelnden Umwelt.
Weitere Informationen können Sie der Pressemitteilung des GWZO sowie einem Beitrag der Cambridge University entnehmen.